OverExposition - 28 Days | Weeks | Years Later (Kritik & Retrospektive)
Beinahe 2 1/2 Stunden Podcast über 28 Tage, Wochen und Jahre bieten euch Patrick & Daniel in ihrer Retrospektive plus aktuellen Filmkritik über 28 Years Later und dessen beiden Vorgängerfilme.
Wir sprechen in dieser Filmkritik vollumfänglich mit Spoilern über 28 Days, Weeks und Years Later. Ganz zu Beginn des Podcasts geben Patrick & Daniel allerdings erst mal kurz ihr Fazit über den neusten Teil, 28 Years Later, ab und verraten dabei noch keine überraschenden Plot-Details.
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Sehr kurze Zusammenfassung des Podcasts als Text:
In diesem Special der Letzten Filmkritik sprechen Patrick & Daniel über die einflussreiche 28-Reihe – eine der stilprägendsten Zombie-Filmserien des modernen Kinos. Mit 28 Days Later schuf das Franchise schon früh eindringliche Endzeitbilder. Nun sorgt 28 Years Later nicht nur für Überraschung, sondern auch für Verwirrung – nicht zuletzt, weil viele Zuschauer (und auch die beiden Podcast-Hosts) vorab noch nicht wussten, dass es sich dabei um den Auftakt einer neuen Trilogie handelt.
28 Days Later markiert den Anfang des Franchises und bleibt in der Rückschau besonders durch seine menschenleere Inszenierung Londons im Gedächtnis. Das Verlorensein der Hauptfigur hat sich durch die reale Covid19-Pandemie in der Rückschau mit einer verstörenden Aktualität aufgeladen. Patrick und Daniel würdigen den Film rückblickend als visuell wie thematisch prägend, ohne dabei nostalgisch zu verklären. Stattdessen erkennen sie in ihm die Wiederbelebung des Zombie Genres, das später deutliche Inspiration für Erfolge wie The Walking Dead oder The Last of Us war. Selbst wenn das Rage-Virus in diesem Falle kein klassischer Zombievirus ist, der seine Wirte als lebende Tote mit verwesenden Körpern und ganz ohne Hirn umher schlurfen lässt. Diese Infizierten sind schnell, eigentlich von immenser Dauerwut befallene Menschen und sterben nicht erst, ehe sie als Zombies wiederauferstehen. Infektion erfolgt über Kontakt mit ihrem Blut - und das spucken sie gerne mal im hohen Bogen umher.
Im Mittelteil der bisherigen Reihe, 28 Weeks Later, sehen die beiden Podcast-Hosts einen Film, der stark beginnt – insbesondere durch seine hektische, beklemmende Anfangssequenz. Doch schnell verlässt der Film diese Klarheit, zeigt einige blöd unglaubwürdige Ereignisse, die zum neuerlichen Ausbruch des Rage-Virus führen und entwickelt sich von da an zum gewohnten Zombiefilm-Setting ohne eigene Originalität oder das Gefühl von Authentizität des Vorgängers. Der Spannungsbogen flacht ab, und obwohl der Film seine Momente hat, bleibt eine gewisse erzählerische Beliebigkeit zurück. Militärische Kontrolle, Bürgerkriegsszenarien und moralische Dilemmata – vieles wird angerissen, wenig vertieft. Dadurch wirkt diese Fortsetzung wie das typische Hollywood-Sequel des finanziellen Erfolgs wegen.
Der dritte Teil, 28 Years Later, steht im Fokus der Rezension – und er polarisiert beim Kinopublikum. Viele Zuschauende sind positiv überrascht von der Fülle an integrierten Themen, der künstlerisch mutigen Inszenierung und mehreren tonalen Wechseln. Hier wurde kein Genrestandard abgespult. Vielmehr zeigt der Film neue Wege innerhalb eines vermeintlich ausgereizten Genres auf. Mal wieder.
Wer mit gängigen Zombiefilm-Klischees rechnet, wird enttäuscht – oder erfreut. Die Gewaltdarstellung ist zwar intensiv, doch nie Selbstzweck. Vieles bleibt vage, im Ungefähren, und gerade diese Ungewissheit wird als Quelle ständiger Spannung hervorgehoben. Die Bedrohung liegt nicht in der reinen Präsenz der Infizierten, sondern in der schwelenden Ahnung dessen, was jederzeit passieren könnte. Auf dem Mainland Großbritanniens, das mittlerweile als Quarantänezone abgetrennt vom Rest der Welt existiert.
Eine der Stärken des Films liegt darin, wie viel über Andeutung funktioniert. Weltaufbau erfolgt hier nicht durch erklärende Monologe, sondern durch Stimmungen, durch das Verhalten der Figuren, durch fragmentarische Informationen, die sich später oft als trügerisch herausstellen. Diese Uneindeutigkeit ist kein Mangel, sondern Methode – und erzeugt jene unterschwellige Beklemmung, die das Genre ursprünglich einmal groß gemacht hat. Außerdem hat 28 Years Later so auch etwas zu sagen, über die Nachteile von totaler Abschottung als Selbstschutz, die Tücken tribalisierender Tendenzen der Menschen in solchen Extremszenarien. Um nur ein paar der vielen inhaltlichen Facetten dieses Films hier zu nennen.
Auch visuell überzeugt das neue Werk von Danny Boyle auf gewohnt ungewöhnliche Art: Umfangreicher Einsatz von iPhones als Kameras, Freeze-Frame-Bullet-Time-Sequenzen bei tödlichen Abschüssen, immer mal wieder kurz ins Bild geschnittene Aufnahmen alter Ritterfilme oder Archivmaterialien, der Einsatz des Gedichts “Boots” von Rudyard Kipling, erzeugen zusammengenommen ein intensives, verstörendes, spannungstreibendes Seh- und Hörerlebnis. Auch und gerade wenn eigentlich gar nichts schlimmes auf der Leinwand passiert. Gerade, weil der Film sich traut, gegen die Erwartungen zu inszenieren, entsteht eine neue Faszination für die Reihe und das Genre an sich. Es ist keine Wiederholung, sondern ein Aufbruch.
Ein Werk, das überrascht, irritiert, zum Nachdenken anregt, nicht immer gleich eingeordnet werden kann und dabei nie den Respekt vor seinem eigenen Genre verliert.
Als Auftakt einer neuen Trilogie funktioniert 28 Years Later erstaunlich gut – auch wenn die Unkenntnis über seine Stellung im größeren Erzählrahmen zunächst zu Verwirrung führt. Was bleibt, ist ein starker Beitrag zum Genre, der nicht auf Nummer sicher geht, sondern neue Wege sucht – und auf höchst erinnerungswürdige Weise findet.
(Autor: Daniel Pook)
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Dieser Podcast wurde von Patrick aus Hürth in Hürth und Daniel Pook in Berlin aufgenommen.